Im Volksmund heißt es: "Der Blitz schlägt nie zweimal an der gleichen Stelle ein", andererseits aber auch: "Ein Unglück kommt selten allein". So wie 'zwei Nieten im Nadelstreifen beim Italiener'. Beobachtungen eines Coachs in der freien Wildbahn.
Lautstark statt argumentationsstark
Vor einiger Zeit las ich in der NTV-Kolumne "in Vino Verena", dass dumme Menschen häufig laut sind. Gestern durfte ich das mal wieder in der Praxis beobachten. Denn am Nebentisch des Italieners, den ich gestern aufsuchte, saßen zwei besonders lautstarke Exemplare der Sorte "Ich kann zwar nix, aber ich mache das mit Lautstärke wett". Normalerweise hätte ich nun trotz der ohrenbetäubenden Lautstärke, in der sich die Beta-Männchen produzierten (Alphas töten leise :), weggehört oder den Kellner um einen anderen Tisch gebeten. (30 Jahre Stammkunde, da darf man schon ein wenig picky sein.)
Durch meine Arbeit am Buch zum Thema Verhandlungsführung für entsprechende Reizworte sensibilisiert, aktivierte sich mein innerer Coach und so blieb ich dann doch, um dem Gipfeltreffen der Ahnungslosigkeit mit zuerst gebannter, zunehmend entsetzter Aufmerksamkeit zu folgen.
Hier ein grober Überblick nur über die schlimmsten Fehler, ansonsten muss ich gleich mein komplettes Buch verbloggen:
Anstatt sich für das Gegenüber zu interessieren oder Interesse an der gemeinsamen Schnittmenge zu signalisieren, erzählte jeder für sich, wie toll er ist und wen er alles wichtiges in seiner Firma oder seiner Kundschaft kennt.
Irgendwann wandte sich die Beschreiung dann dem eigentlichen Anliegen zu: Einer Preiserhöhung für Reinigungsleistungen an Baustellen. Vom Anbieter jedoch so durchsichtig und schon fast Mitleid erregend vorgetragen, das man sich gar nicht vorstellen kann, wie der sich ständig weiter erniedrigende Anbietervertreter jemals einen Verhandlungserfolg erzielen mag.
Der umworbene Vertreter der weißgrauen Düsseldorfer Herrlichkeit lehnte sich dagegen hochherrschaftlich in seinem Stuhl zurück und ließ die Argumente ganz teflonbeschichtet an sich abgleiten. Wenigstens war er so freundlich die Lautstärke noch weiter zu erhöhen, damit sein Gegenüber ihn auch weiterhin verstehen konnte.
Zunehmend verbittertes Nachhaken des Anbieters wurde dann mit "muss ich (XY) fragen" abgebügelt.
Auf beiden Seiten war also: Kein wirkliches Interesse, insbesondere an der Person des Gegenübers, zu erkennen. Es wurden keine erkennbaren Verhandlungsstrategien verfolgt und keine Verhandlungstechniken angewandt.
Das Laienspiel endete für die Schreihälse erwartungsgemäß ergebnislos, für mich mit Kopfschmerzen ob der Dauerbeschallung und der Frage: "Da für mein nächstes Buch offensichtlich Bedarf besteht, wie bringe ich den Bedürftigen schonend bei, dass Sie dieses a) kaufen, b) lesen und c) beherzigen sollen?" Sachdienliche Hinweise nimmt die Redaktion gerne entgegen.
heute leicht schwerhörige Grüße aus Düsseldorf
Frank Max,
Coach, Autor, Einfach | Macher
Keyvisual: Blitze (c) Johannes Plenio @ unplash
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